Aus dem Sanella-Album Australien Neuseeland

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Seite 08

Das Viehtreiben ist ein schweres Stück Arbeit; aber es macht auch Spaß. Gegen Ende des Sommers, wenn die Regenzeit aufhört - Sommer ist in Australien von November bis April, wenn ihr in Deutschland eure Wintermäntel tragt und die Stuben heizt -, beginnt das große Treiben. 500 bis 1000 Rinder werden meistens von vier Cowboys begleitet, und wenn man so einen ganzen Tag im Sattel gesessen hat, spürt man abends, was man getan hat. Vorn geht ein Leitstier, und dann folgt die Herde meist weit auseinandergezogen. Wir umkreisen fortwährend die ganze Meute und passen auf, daß keine Tiere zurückbleiben oder sich seitlich verlieren. Es darf nicht zu langsam gehen, sonst dauert der Transport zu lange, aber auch nicht zu schnell, denn sonst magern die Tiere ab - und ein Rind wird nun einmal nach Gewicht bezahlt. 6 oder 7 Meilen, das sind rund 10 Kilometer, kommt man am Tag vorwärts. Das ist nun keine schnurgerade Straße quer durch die Savanne! Das sind überhaupt keine Straßen, sondern zum Teil sandige, zum Teil von Gras und Buschwerk überwucherte Driften, die von Hunderttausenden von Rinderhufen im Laufe der Jahre getrampelt wurden. Diese Wege winden sich von Wasserloch zu Wasserloch, denn Wasser und Weide sind das Wichtigste beim Treiben. Meistens erreichen wir abends eine Tränke. Oft aber muß das Vieh bis zum nächsten Abend auf Wasser warten, weil das eine oder andere Wasserloch eingetrocknet ist. Abends sind wir immer froh, daß wir den Tag hinter uns gebracht haben. Das Lagerfeuer knistert, das Wasser für den Tee summt, und der Rauch unserer Pfeifen steigt zu den Baumkronen empor, in denen die Kakadus kreischen. Die Rinder weiden ringsherum. Wenn ich mich auf den Rücken lege und zu den Sternen aufschaue, höre ich sie, wie sie das Gras abrupfen und sich ab und zu an einer Akazie scheuern. Aber noch ein Geräusch ist da - das ist Bills Pfeife. Sie gurgelt und pfeift wie eine verstopfte Pumpe.

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